Inhaltliche Betrachtung: Virtuelle BetonTage – Die Megatrends in Beton

Die 65. Auflage der BetonTage hätte im Edwin-Scharff-Haus in Neu-Ulm stattgefunden. Aufgrund der Pandemiesituation waren die Veranstalter gezwungen, aus dem internationalen Fachkongress inklusive seiner Ausstellung, eine rein virtuelle Veranstaltung zu entwerfen. Nachdem erst Anfang November klar war, dass keine Präsenzveranstaltung möglich ist, wurde in kürzester Zeit ein eindrucksvoller digitaler Messeplatz geschaffen.
Die BetonTage sind eine Netzwerkplattform und bieten Möglichkeit zum Wissensaustausch und zur Weiterbildung für die Branche der Beton- und Betonfertigteilehersteller, sowie der damit verbundenen Dienstleister. Auch bei der diesjährigen Veranstaltung, dem „digitalen Experiment“, wurden Innovationen im Bau mit Beton vorgestellt, welche die gesamte Wertschöpfungskette der Branche und deren Schnittstellen abbildet. Es beteiligten sich Architekten, Planer, Zementhersteller, Betonbauteilelieferanten, Vorlieferanten, Anlagenbauer und ausführenden Bauunternehmen. Daneben waren auch Unternehmen der Digitalbranche vertreten, die Ihre innovativen Lösungen vorstellten.
Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Intelligent Bauen – Megatrends in Beton“. Die Themenschwerpunkte lagen z.B. auf der Betrachtung der CO2-Reduktion im Umgang mit Beton, dem Einsatz von Leichtbau oder Prozessinnovationen, wie dem 3D-Druck von Gebäuden und Betonteilen. Damit standen die Ökologie, soziale Nachhaltigkeit und Digitalisierung deutlicher als sonst im Vordergrund.
Die Themenbereiche der Fachvorträge wiesen ein breites Spektrum auf. Die Bereiche umfassten umweltgerechtes Bauen mit Beton, konstruktiven Fertigbau, Straßen-, Landschafts- und Gartenbau, Leichtbeton, Potenziale der Betonbauteile von morgen, Betonwerkstein, Wirtschaft und Recht, Megatrends für Beton, Innovative Lösungen im Tief- und Kanalbau, Forschung, Carbonbeton und Beton in der Tragwerksplanung. Eingerahmt wurden die Vorträge durch die Präsentationen des Gastlandes Südtirol und die Verleihung des Architekturpreises Beton.

Die BetonTage als vollständig virtuelle Veranstaltung

Aus meiner Sicht bildet der persönliche Austausch, das Ambiente, die Möglichkeit Neues zu entdecken, es von allen Seiten zu betrachten (und es vielleicht auch zu berühren) den Kern eines Kongresses mit Ausstellung. Wesentlich sind natürlich auch die üblichen Nachbesprechungen in Restaurant oder Bar, in denen die Teilnehmer sich Kennenlernen, Vertrauen aufbauen und ggf. Projekte und Geschäfte entwickeln. Es war für mich schwer vorstellbar, dass eine virtuelle Veranstaltung dies kompensieren kann – und vorab gesagt, ich sollte Recht behalten.
Aber wir sind aktuell in einer Pandemiesituation und mit Blick auf die Kontinuität unserer Wirtschaftsleistung verpflichtet, für die Zeit nach den Einschränkungen das Beste daraus zu machen – und dies ist gelungen!
Der Aufbau der virtuellen Messeanlage war interessant umgesetzt. Durch einen virtuellen Eingangsbereich, der in der Ego-Perspektive lebendig umgesetzt wurde und die wesentlichen Informationen bot, konnten sich die Teilnehmer in die Messehallen klicken. Diese waren aus der Vogelperspektive dargestellt und ermöglichten eine rasche Übersicht über die vertretenen Marken, Verbände und Unternehmen.
Die einzelnen Messestände wurden ebenfalls aus der Ego-Perspektive dargestellt und ermöglichten das Einsehen von Produktkatalogen, die Betrachtung von Videovorführungen, den Sprung auf die Webpräsenz der jeweiligen Firma und das direkte Gespräch mit dem Standpersonal über Videosysteme wie beispielsweise Teams.
Letztlich war jede Messehalle mit ein bis zwei Bühnen ausgestattet, auf denen die Vorträge und Präsentationen gehalten wurden. Auch hier konnte der Eindruck eines belebten Vortragsplenums abgebildet werden.
Das Konzept bot überraschend viele Möglichkeiten zur Informationsgewinnung und der unkomplizierten Dialoge. Ich besuchte mehrere Stände, konnte mich dabei ungestört und ohne Wartezeiten austauschen. Auch der Wechsel zwischen den Gesprächspartnern verschiedener Stände ging sehr schnell und die üblichen schweren Beinen nach mehreren Kilometern Wanderung durch die Hallen entfielen. Dennoch freue ich mich auf die nächsten Veranstaltungen mit persönlichem Kontakt, deren Ambiente und dem Mehr an geschäftlichen Möglichkeiten.

Das Angebot zum Wissenstransfer seitens der Primestone Consulting

Im Forum „Wirtschaft und Recht“ bot unser Team, bestehend aus Dr. Julia Steudle, Sabine Renz, Antonio Villegas und mir, zwei Vorträge zu unseren jeweiligen Kernkompetenzen.
Der Vortrag zu korrekten Werk- und Dienstverträgen gab einen Überblick über die möglichen Vertragsarten der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Dabei beleuchteten wir Einsatzmöglichkeiten und Risiken der Vertragsarten, im Speziellen dem Werk- und Dienstvertrag. Wir sind anhand eines Fallbeispiels darauf eingegangen, aus welchen Gründen Werkverträge zum Scheinwerkvertrag werden können und welche juristischen Konsequenzen dann drohen. Danach gingen wir auf die Möglichkeiten der Absicherung von Ausschreibungspapieren und operativer Umsetzung des Werkvertrages ein. Damit haben wir unterstrichen, dass ein korrekter Werkvertrag zwar eine intensive Vorbereitung und auch Kontrolle in der Abwicklungsphase benötigt, dann jedoch ein wertvolles Instrument der Wirtschaftlichkeit darstellt.
Unser zweiter Vortrag hatte das Nachtragsmanagement für Hersteller von Betonbauteilen zum Thema. Neben den begrifflichen Grundlagen haben die Kollegen die rechtlichen Normen und den Prozessablauf einer Nachforderung beschrieben. Anhand von drei praxisrelevanten Fallbeispielen zur Sichtbetonausschreibung, zu Toleranzen im Tunnelbau und zu Sonderbestellungen haben wir auf die Chancen und Möglichkeiten des aktiven Nachtragsmanagement für Hersteller hingewiesen. Letztlich wiesen unsere Referenten auf die Bedeutung der Kombination von offensiven und defensiven Nachtragsstrategien hin und brachen die Lanze für die Erstellung ausführlicher Angebotsbeschreibungen und Einkaufsbedingungen sowie einer lückenlosen Dokumentation von der Anfrage bis hin zur Lieferung.
Zusammenfassend hatte unser gesamtes Team viel Freude an den Vorträgen und konnte nachweislich einen praktischen Mehrwert ins Plenum transportieren.

Mein zusammenfassender Blick

Das Veranstaltungsformat wurde in erstaunlich kurzer Zeit aufgesetzt, hatte Liebe zum Detail und ist technisch fast immer gut abgelaufen. Die gute Organisation und die detaillierte Einführung der Referenzen in die neuen Vortragswerkzeuge waren dabei sicherlich hilfreich.
Unterm Strich konnte ich alle Informationen finden, die ich gesucht habe, konnte an den Ständen spannende Gesprächspartner per Videokonferenz kontaktieren und konnte, vor allem als Wirtschaftswissenschaftler, sehr viel über Material, Prozesse und Innovationen im Betonbereich lernen.
Aus diesen Erfahrungen heraus glaube ich, dass virtuelle Konzepte als hybride Ergänzung zu Live-Veranstaltungen – insbesondere für Menschen, denen eine persönliche Teilnahme nicht möglich ist – durchaus einen erheblichen Mehrwert bieten.
Letztlich hoffe ich, die 66. BetonTage im Jahr 2022 wieder live in Neu-Ulm verbringen zu können. Die persönlichen Erfahrungen vor Ort und die Wahrnehmungen im realen Raum sind für mich einfach nicht zu ersetzen, auch wenn ich dafür den Vorteil lockerer Waden opfern muss.